Rennstrecke

John

Über die Bekanntschaft mit einem alten GP-Haudegen bei den Gleichmäßigkeitsläufen des VFV, und eine Honda mit dem Namen „Hiryu – The Flying Dragon“.

Armin

John Blanchard, ehemaliger GP-Fahrer, ist mir und Albert in Schotten sofort aufgefallen. Obwohl deutlich älter als viele Fahrer seiner Klasse, war er mit seiner 350er und 500er AJS/Matchless im Seeley-Fahrwerk fast immer vorneweg. Außer der Schweizer Willy Rüfenacht auf seiner 500er Matchless G50 machte ihm diesen Platz streitig. Die Kämpfe, die sich diese beiden alljährlich in Schotten lieferten, waren mehr als sehenswert.

John hatte jeweils zwei baugleiche 350er und 500er im Fahrerlager stehen, sodass er bei einem Ausfall jederzeit auf eine identische Maschine mit derselben Startnummer zurückgreifen konnte.

Irgendwann kam ich mit ihm in Kontakt, ab da ging die eine oder andere Mail hin und her. Er lebte inzwischen den Winter über in Thailand und kam im Sommer nach Deutschland, um die VFV-Läufe zu fahren. Als die ultraseltene frisch restaurierte 500er URS in Schotten ein paar Demonstrationsrunden drehte, war John natürlich mit dabei.

Dann brachte er den frisch restaurierten „Flying Dragon“ mit nach Oschersleben, da war es natürlich ganz schnell um mich geschehen. Ein mit Werksunterstützung getunter 400er-Honda-Motor im als Einzelstück gebauten Harris-Cantilever-Fahrwerk, mit dem John gegen die damals übermächtige Zweitakt-Armada der Yamahas antreten wollte. Die ersten Einsätze in den Siebzigern waren vielversprechend, dann starb sein Fahrer bei einem Verkehrsunfall. Seither hatte der Renner keinen Meter Rennstrecke mehr gesehen.

Als John die Honda im Fahrerlager von Oschersleben erstmals startete, gab es einen kleinen Menschenauflauf: Ein irrer Sound! John war ein kantiger Charakter, und er eckte immer mal wieder an, machte sich unbeliebt. Ich erinnere mich, dass er mal ziemlich frustriert über den Tagesverlauf im Fahrerlager vor seinem Wohnwagen saß, eine Plastik-Kanne voll Rotwein in der Hand, während sein Kassetten-Rekorder das halbe Fahrerlager mit Johnny Cash beschallte, wozu er lauthals mitsang. Ich erinnere mich auch, dass mein Freund Ago irgendwann ziemlich genervt von Johnny Cash etwas von „rüber gehen“ und „Knopf abdrehen“ vor sich hin knurrte. Aber auch sonst hatte John immer mal wieder Unterhaltungswert. In Oschersleben saß er sonntags nach dem letzten Lauf meistens vor seinem Wohnwagen neben seinen seitlich völlig durchgeschliffenen Motorrad-Stiefeln und verpflasterte seine blutigen Zehen. Aber neue Stiefel mit auswechselbaren Schleifern kamen nicht in Frage. Zu wenig Gefühl …

Irgendwann verkaufte er alles, die 400er, die vier AJS/Matchless und investierte das Geld in den Aufbau einer Paton. Während des Aufbaus mailte er mir noch einige Fotos.

Oft konnte er sie allerdings nicht mehr einsetzen. Nach einem schweren unverschuldeten Verkehrsunfall in Thailand, den er nur knapp überlebte, kehrte er nach England zurück. Dort absolvierte er eine für ihn sehr mühsame Reha-Maßnahme in der Hoffnung, wieder auf die Beine zu kommen.

Im Oktober 2015 starb John Blanchard überraschend.