Die Auftaktveranstaltung ist wie immer im Mai der Kölner Kurs am Nürburgring. Und weil mein geliebter T4 nach Motorschaden und Rostbefall noch nicht ganz wiederhergestellt ist, geht’s nur mit kleinem Gepäck mit PKW und Anhänger wie in den Anfangsjahren an die Rennstrecke. Als ich mich in das Rennleder zwänge und seit dem Crash 2017 zum ersten Mal wieder auf der Yoshimura-Honda sitze, fühle ich mich doch recht steif. Ich bin dieses Jahr noch nicht viel Motorrad gefahren, und die Honda verlangt, dass man sich ziemlich zusammenfaltet.

Ago ist mit der X 19 auch wieder dabei, und Gerd bringt diesmal Ebbe mit, für den es der erste Besuch einer Classic-Renn-Veranstaltung ist. Dementsprechend stellt dieser Tag für meinen Schwabistan-Landsmann auch eine dezente Überdosis dar, ich erinnere mich an meine ersten Besuche…

Ich brauche ein paar Runden, um richtig warm zu laufen, aber dann kommt wieder der alte, unbändige Spaß an der Sache auf. Der Motor läuft klasse, allerdings fängt die Kupplung bald an zu rutschen. Ein Problem, dass ich in den ersten Jahren ständig hatte, dann aber durch den Einbau einer Barnett-Kupplung lösen konnte. Trotzdem wird es eine tolle Veranstaltung, auch weil der MSC Porz vorbildlich organisiert.

Da ich noch einige Baustellen habe, und die Anfahrt doch sehr weit ist, lasse ich den Lauf in Most sausen, und starte erst in Schleiz wieder. Die Strecke feiert dieses Jahr ihr hundertstes Jubiläum und ist anspruchsvoll, aber toll zu fahren. Allerdings ist auch hier die Anfahrt sehr lang, und die Organisation durch den örtlichen Club lässt zu wünschen übrig. Glücklicherweise ist aber der VFV beteiligt, der dies etwas abmildert. Und ich reise endlich wieder mit meinem VW T4 an. Es ist die erste Langstrecke, die er nach einem kompletten Motorneuaufbau und einer Karosserie-Sanierung absolviert. Nach 480 000 nahezu problemfreien Kilometern hatte ein gerissener Zahnriemen leider für einen kapitalen Motorschaden gesorgt.


Die Kupplung der Honda ist mit neuen Belägen und Federn ausgestattet, sollte also wieder einwandfrei funktionieren. Albert sattelt die Honda und kommt uns besuchen. Das Wetter ist fast schon zu gut, denn es beschert uns eine ziemliche Hitze. Nach jedem Turn schälen wir uns klatschnass aus den Lederkombis. Und die neue Kupplung hält leider nicht, was sie verspricht. Dennoch wird es ein feines Rennwochenende, und ich kann mit meinen 460 ccm einer Ducati 860 GTS ebenso wie einer 750er Michel BMW trotz rutschender Kupplung Paroli bieten.


Nebenbei bietet sich noch die Möglichkeit mein neues Tele-Objektiv zu testen und ein paar schöne Rennfotos zu schießen.



Eigentlich wollte ich auch in Colmar Berg an den Start gehen, aber andere Termine waren dann doch wichtiger. So stand dann im August der Schottenring Grand Prix auf dem Plan. Die Kupplung hatte ich mit einem neuen Korb mit intakten Ruckdämpfern versehen und eingestellt, sollte also funktionieren.

Leider erfüllt sich diese Annahme nicht, schon nach drei Runden fahre ich wieder raus, da sie jetzt hoffnungslos rutscht. Alle Einstellversuche scheitern, so dass ich das restliche Wochenende gemeinsam mit Albert und Gerd als Zuschauer unterwegs bin.
Die nächste Veranstaltung sind die Hockenheim Classics. Drei Tage Renngeschehen (Motorrad- und Auto-Klassen) mit annähernd 700 Startern. Rekordverdächtig und Enge im Fahrerlager. Die Honda hat nochmal eine Kupplungskur erhalten, und diesmal arbeitet sie vorbildlich.


Ago gibt dem Triple wie gewohnt kräftig die Sporen, und alles läuft rund. Nicht so beim 2. Trainingslauf. Die Honda gibt auf der Startmaschine keinen Laut von sich, so dass Ago alleine auf die Piste geht. Als Ursache kann ich einen leeren LI-Akku ausmachen, den ich am Abend zuvor komplett geladen hatte. Und Ago kommt mit gebrochenem Sitzbank-Halter vorzeitig rein.




Der freundliche niederländische Suzuki-Fahrer-Kollege von SAM-Racing, der vor ein paar Jahren mal meinen gebrochenen Verkleidungshalter geschweißt hat, hilft auch diesmal aus. Schon praktisch, so ein komplett ausgestatteter Renn-Anhänger.

Mit geladenem Akku und neuen Zündkerzen springt die Honda zum 1. Wertungslauf wie gewohnt sofort an. Und es wird ein Turn, wie ich selten einen gefahren habe. Ich stehe in der Startaufstellung mit Michael und seiner Norton ganz hinten. Als die Flagge fällt, spiele ich die Drehfreudigkeit der Honda und das kurz gestufte 6-Gang-Getriebe voll aus, und lasse mindestens zehn Fahrer hinter mir.

Mit jeder Runde werde ich schneller, was natürlich für die Gleichmäßigkeitswertung nicht förderlich ist. Und dann kommt mein persönliches Highlight: in der Rechtskurve in die Start-Ziel-Gerade drückt eine Laverda 750 SFC Replica innen durch, die ich schon eine Weile hinter mir gehört habe. Schon ist sie halb an mir vorbei, da mache ich mich ganz klein und gebe der Honda, die mit ihren 460 ccm das Motorrad mit dem kleinsten Hubraum in dieser Gruppe ist, ordentlich die Sporen.


Und tatsächlich, am Ende der Start-Ziel-Geraden noch vor der nächsten Rechtskurve hab ich die Laverda auf den Platz hinter mir verwiesen. Dass der von mir ohne entsprechende Vorerfahrung aufgebaute und getunte kleine Vierzylinder so viel Leistung entwickelt, macht mich schon ein wenig stolz. So bleibe ich ganz gelassen, als mir der Laverda-Kollege in den nun folgenden Kurven doch noch sein oranges Heck zeigt. Schließlich fahre ich mit Ü60 nicht mehr um Weltmeisterschaftspunkte.

Als ich mit einem breiten Grinsen wieder im Fahrerlager ankomme, steht Ago schon da. Der Sitzbankhalter ist nun genau über der neuen Schweißnaht gebrochen. Ich bin schon gespannt, was er da im Winter neu konstruieren wird. Er entschließt sich keinen weiteren Reparatur-Versuch im Fahrerlager zu unternehmen, und so nicht unnötig einen Sturz wegen eines neuerlichen Bruchs zu riskieren, und fährt den letzten Turn nicht.

Dafür habe ich in dieser Runde Spaß für zwei, denn auch diesmal begeistert mein kleiner Vierzylinder mit seiner Leistungsfähigkeit. Und das Beste: Die Kupplung, die mich die ganze Saison auf Trab gehalten hat, arbeitet wieder perfekt. Allerdings muss Michael schon in der ersten Runde abbrechen, die Norton leidet unter massivem Leistungsverlust, wir können uns also nicht wie gewohnt balgen.



Jetzt sitze ich hier, und während ich schreibe klatscht der Regen ans Fenster. Die Hockenheim Classics liegen gerade mal zwei Tage zurück, und ich bin froh, dass wir phantastisches Wetter hatten. Aber auch ein wenig erschrocken, wie schnell diese Saison vorüber war. Ticken die Uhren mit zunehmendem Alter schneller? Es war trotz Pannen und Defekten eine schöne, gute Saison. Mein Tuning-Erstlingswerk läuft seit 15 Jahren ungeöffnet ohne gravierenden Schaden, ich hatte viel Spaß und bin ohne Sturz über die Runden gekommen. Was will man mehr?
