Motorrad

27 Jahre mit einem englischen Triple

Anfang März gab es überraschend einen ausgesprochen sonnigen, warmen Tag. Ideal zum Motorrad fahren.

Armin

Eigentlich meide ich die ersten warmen Tage im Jahr eher mit dem Motorrad. Zu viele Motorradfahrer schwärmen da auf den Straßen im Bergischen Land aus, durch die Winterpause noch ungeübt, aber übermütig und oft mit einem an ihrem Fahrkönnen gemessenen Übermaß an Leistung ausgestattet. Und sie treffen auf zu viele Autofahrer, die noch nicht darauf gefasst sind auf Motorräder zu stoßen, sondern durch die warme Frühlingssonne leicht rammdösig hinter ihrem Lenkrad sitzen. Keine guten Voraussetzungen für einen gelungenen Saisonstart. Außerdem hatte ich die Motorräder über Winter nicht wie eigentlich geplant vorbereiten können, da einige andere Ereignisse mich daran hinderten. Zudem schrie der Garten nach der notwendigen Frühlingspflege, was nur bei passendem Wetter gut machbar ist. Und ein Blick auf die Wetter-App zeigte mir, dass dieses Wetter in den nächsten Tagen nicht zu erwarten war.

Dann macht dieser eine Tag den Kohl auch nicht fett sagte ich mir, und beschloss, die Saison zu eröffnen. Da stellte sich die Frage, mit welchem der drei zugelassenen Motorräder. Die 400er würde wie immer auch ohne Vorbereitung laufen, wie sie es 46 Jahre lang stets getan hatte. Die Clubman hatte im letzten Sommer eine große Inspektion bekommen, war aber nicht allzu viel gefahren worden. Die ausgefallene Tachobeleuchtung sollte kein Hinderungsgrund sein. Die Trident hatte sich in den letzten Jahren beim ersten Start im Frühling meist ein wenig geziert und stets auf einer Tankfüllung frischen Sprit bestanden. Wie schnell moderner Sprit erheblich an Zündfähigkeit verliert, ist oft überraschend, war aber erst kürzlich in einem umfangreichen Artikel in der „Motorrad Classic“ nachzulesen. Deshalb hatte ich auf den Rat eines Fahrerlager-Kollegen vertraut und den Tank im Herbst bei Aral vollgetankt. Aral ist offenbar der einzige Hersteller, der bei den Additiven einen etwas anderen Weg geht, und so die Zündfähigkeit nach einer gewissen Standzeit des Fahrzeugs eher erhalten bleibt. Außerdem hatte der Triple erst im letzten Frühling drei neue Zündspulen bekommen.

Im Winter kommt die Trident meist auf die Hebebühne und erfährt etwas Zuwendung.

Ich beschloss, diesmal nicht den einfachsten Weg zu gehen, und tatsächlich die Trident für die erste Ausfahrt zu starten. Sofern sie sich starten lassen würde. Außerdem ist sie das Motorrad, das mich als Fahrer am meisten fordert. Starten geht nur mit Kickstarter, das vollständige Startprozedere kann man an anderer Stelle auf dieser Website nachlesen. Also den schweren Brummer aus der Garage geschoben und eine wenig hin und her bewegt, damit der Sprit im Tank gut durchgemischt wird. Immerhin hatte das darin inzwischen enthaltene Kondenswasser den ganzen Winter Zeit, sich unten im Tank abzusetzen --– Sprit schwimmt ja bekanntlich oben auf dem Wasser. Wenn man dann als erstes den Benzinhahn öffnet, bekommt man unter Umständen mehr Wasser als Sprit in die Schwimmerkammern der Vergaser, was dem Starten des Motors wenig zuträglich ist. Kein Witz, alles schon erlebt.

Zudem fordert die Trident eine etwas andere Koordination von Hirn, Händen und Füßen. Die Duplex-Trommelbremse verlangt eine kräftige Hand, will aber dennoch sauber dosiert sein. Der Motor hängt ziemlich am Gas, also ist auch hier ein feines Händchen gefragt. Geschaltet wird rechts, die relativ wirkungsarme hintere Bremse will mit dem linken Fuß bedient werden. Die Füße arbeiten also spiegelbildlich zu dem heute üblichen Schema.

Einfach ein bildschönes Motorrad.

Den Luftdruck der Reifen korrigiert, die Vergaser geflutet, ein Tritt mit dem richtigen Schwung, und gleich ein zweiter hinterher, da hat sie schon ganz kurz gezuckt. Nochmal die Tupfer ganz kurz bedient und der dritte Kick hat sie dann auf allen drei Zylindern zum Leben erweckt. Was folgte, war eine sehr schöne, genussvolle erste Ausfahrt in die Saison 2024.

Danach wurde mir klar, dass ich auch dieses Motorrad inzwischen über ein Viertel Jahrhundert fahre. Dass es nicht ganz ohne Stolperstellen sein würde, einen seltenen englischen Triple Baujahr 1969 über Jahre am Laufen zu halten, war mir beim Kauf schon klar. Aber genau diese Herausforderung war eines meiner Motive für diese Entscheidung. Und bislang sind die großen Katastrophen ausgeblieben, was sicher auch der außerordentlich kompetenten Arbeit und Unterstützung meines Freundes ‚Ago‘ geschuldet ist.

Eine Woche Bodensee und Schwarzwald, nachdem die Kinderkrankheiten kuriert sind.

Die Restaurierung der englischen Ruine ist ebenfalls an anderer Stelle dieser Website beschrieben. 1997 kam sie nach zwei Jahren Puzzle-Spiel wieder auf die Straße. Viel konnte ich in dem Herbst nicht mehr fahren, und in der drauffolgenden Saison mussten erst mal viele kleine Problemchen behoben werden, was nichts wirklich Besonderes nach einer Totalrestaurierung ist. Die Sitzbank z. B. bekam doch noch einen neuen Schaumstoffkern, der alte war trotz Ergänzung von entsprechendem Material einfach zu durchgesessen, was mein Hinterteil mit Verärgerung quittierte. Wirklich ärgerlich aber war, dass der aus einem Federblech bestehende Primärkettenspanner trotz richtiger Einstellung drei Mal innerhalb kürzester Zeit brach, und ersetzt werden musste. Zudem verlor der Primärtrieb Öl, und das mehr als akzeptabel war. Trotz zahlreicher Dichtungswechsel, verschiedenster Dichtungsmaterialstärken, sorgfältigster Montage und Einsatz ergänzender Dichtungsmaterialien kam das Leck immer wieder. Mal früher, mal später. Bis ‚Ago‘ sich erinnerte, dass es bei frühen Triples ein solches Problem gab. In seinem 150 offizielle Bulletins von Triumph an die Händler umfassenden Ordner fand sich nach einigem Suchen dann der entsprechende Hinweis: Es war ein kleiner, aber sehr wesentlicher Konstruktionsfehler, der durch ein geändertes Bauteil behoben wurde. In seinem Teilefundus fand sich entsprechendes Material, seither ist das Problem nahezu weg, sofern man den Primärtrieb entsprechend sorgfältig zusammen baut.

Zusammen machen die ein feines Sechzylinder-Konzert.

Das Problem mit dem Kettenspanner wurde durch den Umbau auf Zahnriemen behoben. Hier war allergrößte Sorgfalt, viel Know-How und Anpassungsarbeit notwendig, bis die Riemenräder wirklich exakt fluchteten. Aber nur so funktioniert der Umbau dauerhaft, und iIch kann ihn nur wärmstens empfehlen. Der Motor wird mechanisch leiser, er reagiert nicht so hart auf Lastwechselreaktionen, und der Zahnriemen war auch beim vorsorglichen Tausch nach 20 Jahren noch in tadellosem Zustand. Auch hieran hat sicherlich die ausgesprochen sorgfältige Arbeit des Spezialisten einen wesentlichen Anteil.

Ein Fehlversuch war die unter Kostengesichtspunkten erfolgte Montage von Blinkern aus dem Zubehör, die originalen Lucas-Blinker waren mir erheblich zu teuer. In den ersten drei Monaten vernichtete der Triple mittels positive Vibrations drei komplette Blinkersätze unterschiedlicher Anbieter auf kuriose Weise. Immer wieder steckten nur noch die Schrauben der Blinkergläser in den Gewinden, umhüllt von einem kleinen Überbleibsel von orangenem Plexiglas. Der Rest vom Blinkerglas war weg. Also doch die Lucas-Blinker montiert, und siehe da: Sie sind bis heute intakt. Auch penibelste Untersuchung der Lucas-Blinker hat mir nicht geholfen, hinter das Geheimnis zu kommen, warum ihr Blinkerglas nicht atomisiert wird.

Links der überarbeitete Kolben mit neuen Ringen und dem erkennbar breiteren Ölabstreifring unten. Rechts zum Vergleich ein Übermaß-Kolben mit der ursprünglichen Bestückung.

Irgendwann begann dann der Motor, ziemlich viel Öl zu verbrennen. ‚Ago‘ hatte mich damals gewarnt, dass die Kolben zwar hochwertig sind, aber die Kolbenringe viel zu wenig Spannung aufweisen, was irgendwann den Ölverbrauch ansteigen lässt. Da aber damals nach der teuren Restaurierung Ebbe in meiner Kasse herrschte, war an die alternativen Schmiedekolben samt hochwertigen Ringen nicht zu denken. Als ich dann auf einer 600-km-Tour ganze 2 Liter Öl nachfüllen musste, und infolge des verbrannten Öls die Kerzen ständig verrußten, und ich so drei Sätze Kerzen auf dieser Tour vernichtet habe, war klar dass es hier Handlungsbedarf gab. Die Demontage zeigte tadellose Kolben und Zylinderlaufbahnen, alles im korrekten Maß. Ich kannte nicht weit entfernt einen Spezialisten, der dann über die Firma Wahl moderne Kolbenringe im richtigen Maß beschaffen konnte. Wahl übernahm auch das notwendige minimale Aufstechen der nun zu schmalen Kolbennuten. Die anschließende Montage war ausgesprochen schwierig, da die neuen Ringe über eine ganz erhebliche Spannung verfügten. Bislang hatte ich an allen Motoren die Kolben ohne Hilfsmittel in die Zylinderbuchsen eingefädelt. Hier gelang mir dies nicht, vielmehr brach ein Ring. Zum Glück konnte Wahl innerhalb zwei Tagen Ersatz liefern, und mit original Triumph-Spannbändern und zwei zusätzlichen helfenden Händen fanden die Kolben wieder ihren Weg in die Zylinder. Seither ist nennenswerter Ölverbrauch Geschichte.

Triumph lieferte an seine Händler extra schmale Kolbenring-Spannbänder, da es wegen des 120°-Versatzes der Kurbelwelle bei der Montage der Zylinder beim letzten Kolben doch recht eng zugeht.

Ein wirklich heimtückischer Defekt fand sich am Fahrwerk. Triumph-Motoren wiesen an den Stößel-Hüllrohren gerne mal Undichtigkeiten auf. Nichts Tragisches, das lässt sich mit überschaubarem Aufwand dann für eine Weile abstellen. Ich hatte auch diese leichte Undichtigkeit und nahm an, dass die kleinen Öltropfen, die gelegentlich am vorderen Schutzblech unten hingen, daher kommen. Irgendwann fand sich daran dann öfter und mehr Öl, bis ich feststellte, dass es von der Vorderradachse an der Schutzblechstrebe entlang lief. Wie bei älteren Japanern ist in der Achsklemmung des Tauchrohrs eine Verschraubung der Gabelinnereien. Ich vermutete hier eine defekte Dichtung, und tauschte sie aus. Dies blieb aber ohne die erwünschte Wirkung.

Das kritische Bauteil.

Die Gabel früher Trident T150 ist eine alte Konstruktion und wurde nahezu baugleich vom alten 650er Twin übernommen. Das Tauchrohr besteht noch aus relativ dünnem Stahl, die Halterungen für die Schutzblechstreben sind englisch-klassisch angelötet. Und entlang dieser Lötnaht fand sich ein Haar-Riss, der langsam länger wurde. Es erübrigt sich wohl, sich auszumalen was passiert wäre, wenn ich der Ursache des Ölverlusts nicht nachgegangen wäre. Ersatz war zunächst nicht aufzutreiben, erst neun Monate später konnte ‚Ago‘ über seine England-Kontakte ein entsprechendes Bauteil zu einem recht stolzen Preis auftreiben.

…und der Sound ist hinreißend!

Nach zwanzig Jahren Einsatz begann die Kupplung zu rutschen. Sie hatte durch einen undichten Simmering zum Primärtrieb gelegentlich ein paar Ölspritzer abbekommen, was für eine Einscheiben-Trockenkupplung nicht wirklich hilfreich ist. Es bot sich an bei der Gelegenheit gleich noch den nunmehr 20 Jahre alten Zahnriemen zu tauschen, obwohl der Alte sich in tadelloser Verfassung zeigte. Aber man muss es ja nicht darauf ankommen lassen…

Der Triple bekommt eine neue Kupplung und einen neuen Zahnriemen.

Außerdem trennte ich mich endlich von der unzulänglichen Boyer-Zündung und montierte eine neue Tri-Spark. Und siehe da, der Triple startete erheblich besser und hielt zum ersten Mal das Standgas, ohne dass man am Gasgriff nachhelfen musste.

Very British: Unterwegs im Bergischen Land.

Natürlich habe ich jetzt nicht jedes Kette Spannen und jedes zerschüttelte Birnchen aufgelistet. Und die Stößel-Hüllrohre brauchen auch mal wieder neue Dichtungen. Ich finde aber die Bilanz des Triples angesichts seines Alters und des ungerechtfertigt eher fragwürdigen Rufs in der Szene ausgesprochen gut. Ich möchte dieses ganz besondere Motorrad nicht mehr missen. Jetzt muss nur noch der Frühling kommen.