Motorrad

45 Jahre gemeinsam auf Achse

Höchste Zeit, endlich den Mann vorzustellen, der mich nachhaltig ins Schrauben eingeführt hat und ohne den sich meine Motorradkarriere wahrscheinlich weniger intensiv entwickelt hätte. Im Mai 1978 habe ich meine Honda CB 400 Four gekauft. Zu der Zeit war ich regelmäßiger Besucher des inzwischen ältesten noch existierenden selbstverwalteten Jugendzentrums in Deutschland. Und vor dessen Tür lernte ich im Herbst 1978 jemanden kennen, mit dem ich die meisten Motorrad-Kilometer abgespult habe und mit dem ich noch heute gerne auf Motorrad-Tour gehe.

Armin
Die XT verwandelte immer mal wieder ihr Aussehen

1978 war die Yamaha XT eines der angesagtesten Motorräder, und er parkte mit genau so einer XT neben meiner Honda ein. Natürlich kamen wir schnell ins Gespräch. Er hatte seinen Zivildienst hinter sich, ich hatte gerade mein Verweigerungsverfahren laufen. Er war mit der XT gerade in Irland gewesen, und ich plante meine erste Irland-Reise für das kommende Jahr. Und unser Musikgeschmack war ausgesprochen ähnlich. Sehr unterschiedliche Biografien und ein damals noch deutlicher Altersunterschied von vier Jahren, aber eine große Schnittmenge bei den Interessen.

Zwei jugendliche Schrauber auf Rollertestfahrt

Allerdings hatte er mir eines absolut voraus: einiges an Schrauber-Erfahrung. Mit einem Nachbarsjungen hatte er schon als Halbwüchsiger in seinem Dorf Motorräder und Roller vom Sperrmüll gesammelt und irgendwie in der Nachbarsscheune zum Laufen gebracht. Und wenn man ein wenig Umsicht walten ließ, fielen gelegentliche Ausritte auf Feldwegen Anfang der Siebziger noch nicht auf. 1976 fuhr ich zum letzten Mal gemeinsam mit meinen Eltern in den Familienurlaub an die französische Atlantikküste. Wie wir bald feststellten, war Albert zu der Zeit auf demselben Campingplatz und schraubte an seiner maladen Zündapp, mit der er den ersten Motorradurlaub unternahm. Auf der Rückreise bekam er Kontakt zu einer Gruppe Franzosen, die auf englischen Twins unterwegs waren, was eine nachhaltige Prägung auslösen sollte.

Albert und die Zündapp

Es folgten zunächst zahllose gemeinsame Touren in der näheren Umgebung und auch einige gemeinsame Schrauber-Aktionen. Von Albert habe ich nicht nur gelernt, wie man an einem Motorrad Zündung und Ventile einstellt, sondern dass es überhaupt keinen Grund gibt, vor Zweirad-Technik Angst zu haben. Für mich eine außerordentlich wichtige Erkenntnis!

Knackig um’s Eck mit der neu erworbenen, spurstabilen Triumph Tiger

Eine weitere Erkenntnis vermittelte er mir, als er 1980 eine der letzten Triumph Tiger 750 neu erwarb, woran sein oben genanntes Frankreicherlebnis wohl nicht ganz unbeteiligt war. Mir war zunächst schleierhaft, warum er eine so altmodische, archaische Technik mit Stoßstangenmotor, nur 45 PS und dem Ruf einer nicht standfesten Ölsardine erwarb. Das erste Aha-Erlebnis hatte ich, als ich erstmals hintendrauf mitfuhr: Der Anzug und das Drehmoment der Tiger waren phänomenal. Das zweite Aha-Erlebnis kam postwendend, als er auf eine Kurve mit einem Tempo zufuhr, dass ich mir sicher war, wir würden einen Abflug in die Landschaft machen. Aber: weit gefehlt. Die Tiger ging ohne das geringste Wackeln um’s Eck, dass ich sprachlos war. Und das dritte Aha-Erlebnis stellte sich nach Jahren endloser, gemeinsam abgespulter Kilometer ein: Die Tiger war robust, einfach zu warten und absolut zuverlässig, sofern man angemessen mit ihr umging. Ich denke nicht, dass Albert mehr an ihr schrauben musste als ich an der Honda, und er hatte offensichtlich ein Händchen für dieses Motorrad.

Erstklassiges Motorrad: Triumph Tiger 750

Und so, wie wir uns auf unsere Motorräder verlassen konnten, so zuverlässig funktionierten auch gemeinsame Touren. Albert hatte die XT an einen gemeinsamen Freund verkauft, der mit einem Motorschaden in Südfrankreich gestrandet war. Kurzerhand packte er Werkzeug ein und dirigierte die Tiger Richtung Südwesten. Die XT wurde auf dem Campingplatz repariert und Albert trudelte absolut pünktlich zu unserer geplanten Sommerfete am Zwiebelberg wieder ein: Er war vom französischen Mittelmeer nonstop bis nach Backnang durchgebrummt.

XT-Instandsetzung in Südfrankreich
Im Fahrerlager am Schottenring

Als ich in Irland die Honda gewaltig verbog, lieferte Albert die Zuversicht, dass wir sie irgendwie wieder hinbekommen würden. Und tatsächlich: Nach einer Woche hatten wir die absolut notwendigen Teile zusammen, und ich kam damit pünktlich zum Zivildienst zurück.

Die malade Honda auf dem Weg zur Reparatur, die Schubkarre muss aushelfen
Picknick auf einer der zahllosen Touren

Über die Jahre legten wir endlos Kilometer gemeinsam zurück. Zunächst in der Heimatregion um Backnang und von dort aus auch längere Touren. Dann folgte mein Umzug nach Köln zum Studium, was unserer Freundschaft keinen Abbruch tat. Ich düste oft in die alte Heimat, Albert kam oft nach Köln. Über unsere absolut beste Tour weit nach Westen hier demnächst mehr.

Uniseminar für ein Theaterprojekt auf der Burg Waldeck: Albert kommt zu Besuch
Häufiger Treffpunkt: Linz am Rhein und die Fähre dort, im Vordergrund die Clubman

Inzwischen hatte ich meine Trident aufgebaut, sodass wir öfter auch mit zwei Brit-Bikes unterwegs waren. Meist von Köln aus ins Bergische Land, das ein beliebtes Motorrad-Revier ist. Und dann trafen wir uns mehrere Jahre immer beim Schottenring-Grand-Prix, und auch die Bikers Classics in Spa-Francorchamps bekamen uns zu sehen. Inzwischen hatte sich zu Alberts Tiger eine gute alte Bolle in die Garage gesellt, die als Kilometerfresser herhalten musste.

Kleine Pause in Wipperfürth
Auf der Campingwiese in Schotten
Irgendwo auf dem Weg nach Eisenach
Camping bei Schlüchtern im Vogelsberg
Bei den Bikers Classics in Spa-Francorchamps

Und als ich selbst anfing, Classic-Rennen zu fahren, kam Albert oft als Besucher und Helfer ins Fahrerlager. Auch er war inzwischen dem Reiz der englischen Triples erlegen und hatte sich ein sehr schönes und gut erhaltenes Exemplar zugelegt.

Fahrerlager Hockenheim, der junge Mann links ist zuständig für diese Website
Fahrerlagerbesuch in Schleiz
Und noch mal Hockenheim
Tankstopp im schwäbischen Sulzbach

Inzwischen hat sich bei uns beiden Arbeits- und Lebenssituation gewandelt, und ich denke, es wird wieder mehr gemeinsames Fahren möglich.

Unterwegs mit zwei Triples