Rennstrecke

Endurance

Von 2008 bis 2013 konnte ich hautnah erleben, was es heißt, mit einer klassischen Rennmaschine Langstreckenrennen zu fahren.

Armin

Mein Freund „Ago“ und ich waren für den VFV-Lauf in Oschersleben verabredet, der diesmal an einem Brückentagswochenende lag und uns so sehr viel Fahrzeit auf der Piste bescheren sollte. Kurz vor Nennschluss meinte Ago, dass er nicht bei der VFV-Veranstaltung starten werde, sondern bei der gleichzeitig stattfindenden Veranstaltung von Art Motor. Einer seiner Neukunden habe mit einer Rob North Trident genannt und ihn mit der X30 als Teamkollegen genannt. Art Motor und der VFV hatten sich die Streckenmiete geteilt, was allen Beteiligten ein tolles langes Wochenende bescherte.

So lernte ich Klaus kennen. Er hatte die Rob North in England mit Straßenzulassung (!) gekauft und wieder zur Rennmaschine umgebaut. Im Fahrerlager wurden schnell noch andere Amals samt Trichter montiert, dann ging es ab auf die Piste. Vier Stunden Kurvengeschlängel sind kraftraubend, auch wenn sich zwei Fahrer mit zwei Maschinen abwechseln. Zumal es in Oschersleben im Sommer oft brüllend heiß wird, das ist eine echte Tortur für Mann und Material. Die Jungs fuhren in ihrem ersten Endurance-Rennen als Team Orange auf Anhieb auf Rang fünf. Ich habe die Veranstaltung als eines der schönsten Rennwochenenden, das ich erlebt habe, in Erinnerung. Wir „wohnten“ in zwei aneinander gebauten Partyzelten (zwölf mal zwölf Meter), insgesamt fanden acht Fahrer samt Maschinen und Equipment darin Platz. Die Stimmung war klasse, und ich lernte interessante neue Leute kennen.

Im darauffolgenden Jahr wiederholten VFV und Art Motor diese Konstellation, und Klaus hatte in seinem Hang zur Perfektion eine Box für alle gemietet. Die Rob North aber zickte im Training immer wieder mit Aussetzern. Die Zündung konnte als Ursache schnell ausgeschlossen werden, dafür fand sich immer wieder seltsamer Schmutz in den Vergaserdüsen. Ago kam nach kurzer Ratlosigkeit aller Anwesenden der Ursache durch eine Verfärbung in den Einlasskanälen auf die Spur: Die Versiegelung im Tank löste sich auf und verstopfte die Düsen. Zwei Eimer Split von einer nahe gelegenen Baustelle und viele Hände, die noch spät in der Nacht abwechselnd den damit gefüllten Tank schüttelten, lösten das Problem. Am anderen Tag fuhren die Jungs auf Rang drei, obwohl der Motor des Rob North Triple im Gegensatz zu Agos X30 serienmäßig war.

Im folgenden Jahr wollte es Klaus dann genau wissen. Er startete bei den European Endurance Classics, die unter anderem im Rahmen der Bikers Classics in Spa ausgetragen werden. Das heißt, die Rob North musste die vollen vier Stunden des gesamten Rennens laufen, nur die Fahrer wechselten. Zweiter Fahrer war diesmal Mick. Gestartet wird um 20 Uhr, der Le-Mans-Start ist immer wieder ein echtes Highlight. Etwa ab 21:30 Uhr bricht die Dämmerung herein. Damals wurde das Rennen noch in zwei Etappen gefahren, die zweite Hälfte startete erst am darauffolgenden Sonntagvormittag. Rund die Hälfte der etwa achtzig Starter erreicht das Ziel wegen technischem Defekt oder Sturz nicht.

Es war schon dunkel, als Mick in die Box kam. Die Rob North hatte massiven Leistungsverlust. Schnell waren Zylinderkopf und Zylinder demontiert. Es zeigte sich, dass ein Nocken an einer der beiden Nockenwellen wegen eines Härtefehlers fast völlig abgeschliffen und dadurch ein Kolben regelrecht verglüht war. Ich äußerte, dass ich alle Teile (Kolben im ersten Übermaß, Dichtungen und so weiter) in meiner Werkstatt liegen hatte. Ein anwesender Belgier hatte eine Fachwerkstatt in Spa und bot an, die Zylinder zu honen. Klaus wollte, dass ich das Material sofort mit seinem Bus hole, aber leider hatte ich keine Nockenwellen.

Im folgenden Jahr wurde das gesamte Rennen in einer Etappe gefahren, Zieleinlauf also um 24 Uhr. Irgendwann sprang Mick dann in der Eau Rouge die Kette ab. Er musste die ganze Strecke bergauf bis in die Boxengasse schieben. Schnell war sie wieder eingefädelt, aber kurz vor Rennende kam die Rob North erneut unplanmäßig zurück in die Box. Im Training hatte sich ein Riss am Boden des Alu-Tanks gezeigt, der mit Kaltmetall repariert wurde. Die Reparatur war aber den Belastungen im Rennen nicht gewachsen, erneut tropfte Sprit auf den heißen Motor. Noch nie habe ich eine so schnelle Tankdemontage gesehen wie bei diesem Boxenstopp.

In der Regel reiste ich mit dem Motorrad in Spa an, und inzwischen fuhr Piet, der Macher dieser Website, als Sozius mit. Eine ziemliche Herausforderung für einen Neunjährigen, gut vier Stunden bei Wind und Wetter da hinten durchzuhalten. Die Rob North war inzwischen weiter gereift, der Motor hatte 850 Kubikzentimeter, Carillo-Pleuel, CR-Vergaser, leichte Gussfelgen und so weiter.

Klaus legte Wert auf einen stilechten Auftritt und hatte der Mannschaft Teamklamotten verpasst. Horst war zuverlässig als „Tanker“ bei den Boxenstopps am Werk, Bernd hatte Mick als zweiten Fahrer abgelöst. Und Ilona nahm an der Boxenmauer die Rundenzeiten, Gerd signalisierte die Boxenstopps.

Tatsächlich klappte 2012 dann auch alles, es gab den ersten erfolgreichen Zieleinlauf ohne Ausfall. Allerdings hatte Klaus den Spritbedarf so knapp berechnet, dass Bernd nach dem Passieren der Zielflagge nicht mehr bis in die Box fahren konnte. Irgendwann kam er schwitzend und die Rob North schiebend aus der Dunkelheit gelaufen.

2013 lief es dann so rund wie bei Profis. Die Rob North war perfekt und brummte wie am Schnürchen, die Boxenstopps gingen Hand in Hand. In diesem Jahr fuhren die Jungs in der Gesamtwertung aller Läufe auf Rang drei. Und das als Amateure mit einem archaischen Stoßstangen-Triple gegen Ex-Profis auf deutlich jüngeren und leistungsstärkeren japanischen Vierzylindern. Keiner ahnte, dass es der letzte Start in Spa sein sollte, weil Bernd einige Zeit später ausstieg, um seinem Norton-Projekt Priorität zu geben. Klaus verkaufte die Rob North, sie ging zurück nach England. Und ich hatte mir endgültig den Haben-Wollen-Virus bezüglich eines Rob-North-Triples eingefangen.

Ich vermisse immer noch die Spannung, die knisternde Luft in der Boxengasse, wenn es schon dunkel ist. Nach jeder Runde zittert man, kommt unser Fahrer auch noch bei der Nächsten durch? Ist beim Boxenstopp mit der Maschine alles okay? Die Atmosphäre ist unbeschreiblich, insbesondere wenn man zu einem Team gehört. Ich hatte in diesen Jahren den Vorteil, dank eines Mechaniker-Armbändchens völlige Bewegungsfreiheit zu genießen. So konnte ich mit der Kamera ausgiebig filmen.