Werkstatt

Auferstehung

Englische Triples sind sehr verlockend, sehr selten und sehr speziell. Wer einen maroden Triple wieder auf die Räder stellen möchte, muss sich mit dem Thema „Schrauben für Fortgeschrittene“ befassen.

Armin

Irgendwie haben mich alte Motorräder von Anfang an fasziniert. Bei einem ersten Restaurierungsversuch 1980/81 gemeinsam mit einem Zivildienstkollegen konnte ich dann auch erste Erfahrungen sammeln, die mich eigentlich hätten abschrecken müssen. Die 200er Tornax wurde für kleines Geld gekauft, alles gereinigt und per Spraydose neu lackiert. Einige wenige Teile bekam der Verchromer, was den größten Kosten-Posten ausmachte. Tatsächlich bekamen wir sie zum Laufen und TÜV bekam sie auch. Aber jede Ausfahrt war in der Regel von mehreren Kolbenklemmern begleitet …

Die 200er Tornax nach der Restaurierung

Das Studium abgeschlossen, nach einigen Jahren in befristeten Anstellungen nun seit einiger Zeit in einer interessanten Festanstellung bei einem guten Arbeitgeber und somit mit regelmäßigen Einkünften ausgestattet, rückte 1993 der Kauf einer englischen Restaurierungsbasis in greifbare Nähe. Im Keller des Altbaus im Kölner Stadtteil Nippes hatte ich mir eine kleine Werkstatt eingerichtet und nach zweimaliger Flutung durch die Rheinhochwasser nochmals komplett saniert. Ausgebaute Teile konnte ich dort instand setzen und dann am Straßenrand oder auf dem Gehweg wieder am Motorrad montieren, da die steile Kellertreppe mit einer kompletten Maschine kaum machbar war und auch zum Hinterhof einige Stufen zu überwinden waren.

Kellerwerkstatt in Köln Nippes

Es dauerte allerdings noch bis 1995, bis mir ein geeignetes Objekt ins Auge fiel. Es war die Zeit, als findige Händler den Harley-Boom und den günstigen Wechselkurs nutzten und ganze Container gebrauchter Harleys über den großen Teich Richtung Deutschland verschifften. In einem Container war noch ein bisschen Platz, und der Händler packte kurzerhand eine ziemlich malade und ziemlich hässlich umgebaute Triumph Trident T150 mit ein, da sich alte Engländer zu der Zeit in Deutschland auch wachsender Beliebtheit erfreuten.

Typisch amerikanisch: dicke Sechzehn-Zoll-Hinterradfelge und Hirschgeweihlenker
Desolater Zustand, wohin das Auge blickt
Innen sieht’s viel schlimmer aus

Da Harley-Jungs aber mit einem Triple wenig anfangen können, wurde das Wrack zunächst von einem ehemaligen Triumph-Importeur in Schwäbisch Gmünd übernommen und inseriert. Bei einer ersten Besichtigung brachte er den Motor auf meine Bitte hin tatsächlich zum Laufen. Was mich bis heute wundert, denn der innere Zustand war schlechter als der äußere.

Der Achtzig-Kilo-Brocken
Nur Kurbelwelle und Pleuel waren noch verwertbar

Alle Freunde, die die traurige Ruine sahen, blieben ziemlich stumm, aber vor meinem geistigen Auge konnte ich das Display auf ihrer Stirn erkennen, auf dem der blinkende Schriftzug mit einem „Jetzt spinnt er völlig.“ und dem Untertitel „Den Schrotthaufen bringt er nie zum Laufen.“ zu lesen war. Ehrlich gesagt hätte ich wohl auch wenig Chancen gehabt, wäre ich nicht auf einen genialen Triple-Schrauber in Hessen gestoßen.

Als der Spezialist bei einer der ersten Teilebestellungen in England die dafür erforderliche Motornummer durchgab, blieb es einen Moment still in der Leitung. Dann kam ein „Oh – have fun!“ zurück. Wie sich herausstellte, hatte ich eine Trident erwischt, die zu den ersten 500 Stück gehörte, eine Art Vorserie. Danach wurden dann viele Teile wohl noch mal modifiziert. So zum Beispiel trägt der Zylinderkopf einen Gussstempel von 1967, also lange bevor die Trident in die Serienproduktion ging. Auf den Markt kam sie erst 1969. Da es sich also um eine echte Rarität handelt, gab ich meinen ursprünglichen Plan, einen knackigen Landstraßen-Roadster zu bauen, zugunsten von mehr Originalität dann auch auf.

Natürlich hatte die Trident nicht nur die üblichen Schäden, wie zum Beispiel die beiden ausgebrochenen Bohrungen am Primärdeckel. Garagen-Murkser schrauben die Gehäuseschrauben raus, um den Kettenspanner oder die Primärkette zu tauschen. Aber der verflixte Deckel geht nicht ab. Anstatt erst mal nach der Ursache zu suchen, wird kurzerhand oben ein Schraubendreher rein gerammt (was das Ende der Dichtfläche ist) und der Deckel abgehebelt. Erst jetzt erkennen sie, dass da ganz unten zwei Schrauben etwas nach hinten versetzt sind. Leider sind die Bohrungen im Deckel jetzt ausgebrochen. Und wenn der Triple dann nach so einer „gekonnten“ Aktion großzügig sein Revier mit Öl markiert, wird er als englische Ölsardine tituliert. Hier bekam also mein Alu-Schweißer Arbeit.

Der geschweißte Deckel

Da ich meine Motorräder tatsächlich fahre und auch auf längeren Touren einsetze, musste ein Gepäckträger dran. Doch auch das war ein Problem, da ein halbwegs passendes Teil nicht aufzutreiben war. Also habe ich mit meinem Freund Albert und seinem Schweißbrenner einen Samstag in dessen Garage verbracht. Sägen, Flexen, Glühen, Biegen und Schweißen war angesagt. Für das Erstlingswerk eines Pädagogen und eines Bäckers finde ich’s ganz gelungen.

Was den Lack angeht, hatte ich mir dem damaligen Zeitgeist entsprechend folgende Empfehlung für den Lackierer zu Herzen genommen: „Du kannst jede Farbe nehmen – Hauptsache, sie ist schwarz.“ Sieht auch bis heute klasse aus, heute würde ich mich aber vielleicht doch für die originale Türkis-Metallic-Lackierung entscheiden. Die Vorarbeiten habe ich selbst übernommen, da diese Restaurierung das ursprüngliche Budget völlig sprengte.

Fertig zum Lackieren

Dazu trugen die Instrumente kräftig bei. Als ich sie abschraubte, kamen sie mir schon in Einzelteilen entgegen. Hier musste ein Spezialist ran, der auch erstklassige Arbeit ablieferte. Und da mir die grauen Zifferblätter eh nicht gefielen, ließ ich gleich weiße drucken. Es möge bitte keiner nach den Kosten fragen …

Von den Vibrationen zerlegt
Neu gedruckte Zifferblätter

Motor und Getriebe verschlangen auch Geld, da kaum ein Teil noch brauchbar war. Auf einer der ersten längeren Touren bekam dann auch noch das gebrauchte Getriebe Zahnausfall, sodass dann doch Neuteile den Weg ins Gehäuse fanden.

Vor der Zylindermontage
Zahnausfall

Langsam wurde wieder ein Motorrad aus dem Ganzen.

Nach gut zwei Jahren Bauzeit bekam das Schätzchen dann auch TÜV. Die komplette Restaurierungsstory kann man in der OLDTIMER PRAXIS 8/1998 unter dem Titel „Nimm drei“ nachlesen.

Schon kurz nach der Fertigstellung blies die Kopfdichtung durch. Als Ursache stellte sich dann heraus, dass eine Passhülse zu lang war. Beim Planen des verzogenen Zylinderkopfs musste relativ viel Material abgenommen werden. Dadurch war eine der Passhülsen ein klein wenig zu lang und ein korrektes Anziehen des Zylinderkopfs nicht mehr möglich.

Kopfdichtung adieu

Hier noch ein paar Vorher–Nachher-Fotos, die die Veränderung deutlich machen.

Eine der ersten Touren, nun mit zwei Triumphs, führte mich und Albert in die Vogelsberg-Region. Damals schraubte mein Triple-Spezialist noch in der ehemaligen Werkstatt eines gewissen Friedel Münch.

Triumph-Treiber unter sich
Nach drei Tagen „Positive Vibrations“