Werkstatt

Gestresste Kupplung

In der Renn-Saison 2023 hatte ich, wie schon in den Anfangs-Jahren, einigen Ärger mit der Kupplung der 400er Honda. Wenn dies auch zeitweise sehr ärgerlich war, brachte es doch einige neue Erkenntnisse und Fortschritte mit sich.

Armin

Es ist eine alte Binsenweisheit: Am meisten Neues lernt man nicht aus seinen Erfolgen, sondern aus seinen Fehlern und dem was nicht funktioniert. Die Kupplung der kleinen FOUR ist nach meiner Erfahrung schon immer eines der ganz wenigen Bauteile, das man schnell an seine Grenzen bringen kann. So hatte ich bei früheren Reisen, wie auch in den ersten Rennjahren, immer mal wieder mit extrem hohen Öl-Temperaturen zu tun. Dies sorgte bei Urlaubsfahrten gelegentlich für eine ratternde, rupfende Kupplung und erhöhten Lamellenverschleiß. Im Rennbetrieb waren Standard-Lamellen nach zwei schnell gefahrenen Trainingsläufen meist schon so verschlissen, dass ich in den anschließenden Wertungsläufen zunehmend mit einer mehr oder weniger rutschenden Kupplung zu kämpfen hatte, und somit nicht mehr die volle Leistung auf’s Hinterrad bringen konnte. Beim Lamellenwechsel fand sich dann auch stets ein vom Abrieb pechschwarzer Ölfilm im Kupplungsdeckel und schwarze Pampe im Kupplungskorb. Da die Kupplung im Prinzip aus der 250er-Honda der frühen Siebziger stammt, hielt ich sie schlicht für überfordert mit der von 37 auf ca. 50 PS gestiegenen Leistung.

Solch eine Abrieb-Brühe ist für keinen Motor gut.

Da man bei Rennmaschinen häufig Trockenkupplungen findet, schien mir dies eine Alternative, zumal das Öl dann auch von Abrieb verschont bleibt. Ein japanischer Hersteller bot noch vor einigen Jahren einen sehr voluminösen, hässlichen und 3500 € teuren Umbau-Kit an. Angesichts des Preises indiskutabel. Nova Racing in England hatte mal einen sehr schönen Trockenkupplungs-Kit im Sortiment, der ist aber nicht mehr lieferbar (und war sicher auch sehr teuer). Außerdem fanden sich im Internet Einzelumbauten, aber dies ist doch sehr aufwendig und verlangt einiges an Know How und Möglichkeiten. Zudem konnte mir bis heute noch niemand sagen, ob in einer Trockenkupplung anderes Belag-Material verbaut wird, als in einer Ölbadkupplung.

Die Lösung: Barnett-Lamellen.

Michael, der auch Endurance-Rennen mit seiner Honda absolviert, empfahl mir Beläge der Firma Barnett, die nicht mit dem üblichen Kork-Material arbeitet, sondern Kevlar einsetzt. Diese Beläge haben natürlich ihren Preis. Klaus Dohny von Bike-Side konnte mir einen Lamellensatz incl. zugehöriger Stahlscheiben liefern, leider aber nicht die Barnett-Federn, so dass ich alternativ zu verstärkten Federn von Vesrah griff. Und ein weiterer Vorteil dieser Lamellen war, dass ich nun auch hochwertiges synthetisches Motul-Renn-Öl einsetzen konnte, das in Kombination mit einem Ölwannenzwischenring und einem modernen Ölkühler an Stelle des alten Gebrauchtteils von der Veterama für deutlich niedrigere Öltemperaturen sorgte. Für Standard-Lamellen der 400 FOUR ist Synthetik-Öl nach meinen Erfahrungen schon in kleinsten Mengen tödlich.

Wenn man öfter an der Kupplung arbeitet, macht das spezielle Montage-Werkzeug Sinn.

Die nächsten drei Jahre konnte ich nun ohne jedes Kupplungsproblem die volle Leistung beim Renn-Einsatz abrufen. Und die war so gut, dass die kleine FOUR trotz des relativ schweren 4-Zylinder-Motors beim Start zu meiner Überraschung auch mal das Vorderrad deutlich hob.

Deutlich erkennbare Materialausbrüche machen klar, dass diese Lamellen verschlissen sind.

Am Nürburgring bei der ersten Veranstaltung in dieser Saison setzte dann wieder leichtes Kupplungsrutschen ein. Also bekam die Honda kurzerhand neue Barnett-Lamellen, denn die waren sichtbar am Ende. Im Rest-Öl in den Kupplungsbauteilen fanden sich regelrechte Klümpchen, die die Horror-Vorstellung verstopfter Ölkanalbohrungen in mir auslösten.

Solche Klümpchen im Öl können einen kapitalen Motorschaden verursachen.

Die entsprechenden Federn aber waren leider wieder nicht lieferbar. Zwar war ich sehr überrascht, als ich beim Ausbau feststellte, dass die Vesrah-Federn total gestaucht und damit vermutlich eine, wenn nicht sogar die Ursache für die verschlissenen Beläge waren, da ich aber mit der absolut schlechten Qualität der verstärkten Lucas-Federn sehr ungute Erfahrungen gemacht hatte, verbaute ich erneut jene von Vesrah. Die Lucas-Federn waren an den Enden so schlecht und scharfkantig verarbeitet, dass sie angefangen hatten, sich in den Kupplungskorb einzuarbeiten und diesen somit zu beschädigen. Mit dem ehemaligen Erstausrüster Vesrah hatte ich bislang durchweg gute Erfahrungen gemacht, dennoch erschienen mir die neuen Federn relativ weich. Mangels Alternative wenige Tage vor der nächsten Veranstaltung baute ich sie dann ein.

Rechts die verschlissene Feder, links die neue, beide von Vesrah.

Seltsam war nur, dass ich den Druckpunkt nicht wie gewohnt einstellen konnte, ich musste die Druckstange deutlich weiter rausdrehen. Die Probefahrt durch’s Dorf verlief dann aber absolut zufriedenstellend. Allerdings war klar, dass ich dabei nicht auf die übliche Betriebstemperatur komme, und das Rutschen eigentlich erst bei entsprechenden Temperaturen einsetzt. So hatte ich in Schleiz dann erneut mit einer rutschenden Kupplung zu kämpfen. Erneutes penibles Einstellen des Ausrückmechanismus brachte etwas Linderung, so dass nur in einem kleinen Drehzahlbereich ein Rutschen auftrat, den ich durch entsprechende Gangwechsel möglichst vermied.

Die Rattermarken am inneren Korb lassen sich mit einer Schlüsselfeile etwas egalisieren und fallen dann nicht ins Gewicht. Die bräunliche Verfärbung zeigt, dass es der Kupplung zu heiß geworden ist.

Erneut zerlegte ich anschließend die Kupplung. Ich tauschte den äußeren Kupplungskorb gegen einen der 350 FOUR, da dessen Ruckdämpfer kaum Spiel aufwiesen. Der innere Korb der 350 FOUR passt nicht, ihm fehlen die Haltenasen für das Sicherungsblech. Also kam der bisher verwendete wieder zum Einsatz.

Die Verzahnung des Kupplungskorbs der 350 FOUR würde auf die Welle passen,…
aber es fehlen die Haltenasen für das Sicherungsblech.
Damit wird der verschraubte Kupplungskorb gesichert.

Und auch den modifizierten und geschweißten Kupplungsdeckel hatte ich in Verdacht, mögliche Ursache zu sein, da er auch mal durch hitzebedingten Verzug nach innen das Schaltgestänge lahmgelegt hatte. Die erneute Probefahrt verlief gut, aber in Schotten musste ich schon im ersten Trainingslauf nach drei Runden abbrechen, da die Kupplung so heftig anfing zu rutschen, dass an eine weitere Teilnahme nicht zu denken war. Alle Einstellversuche brachten keine wahrnehmbare Veränderung. Also zerlegte ich zuhause erneut, und war mir relativ sicher, dass die Vesrah-Federn definitiv zu weich waren. Meine Annahme war, dass man mir Standard-Federn als verstärkte verkauft hatte. Ich beschaffte neue Federn von Vesrah, die dann auch eindeutig härter waren. Zudem bestellte ich verstärkte Federn von EBC und auch Barnett-Federn konnte ich nun doch noch auftreiben.

Von links nach rechts: Verstärkte Federn von EBC, Vesrah und Barnett.

Meinem subjektiven Eindruck nach waren die Barnett-Federn die härtesten und definitiv die längsten. Ich entschloss mich auf das Messen der jeweiligen Federkraft zu verzichten und die Barnett-Federn samt neuen Belägen zu montieren. Die Kupplung ließ sich nach einigen Versuchen auch wieder korrekt einstellen, die für das Bedienen benötigte Handkraft war nun deutlich höher, aber dennoch gut leistbar.

Ein frisch gestrahlter Kupplungsdeckel ohne Schweißnaht und Verzug liegt bereit. Die notwendige Modifikation für den Renneinsatz (Ölrücklaufanschluss der Leitung vom Catch-Tank an der Bohrung für die Kickstarterwelle) ist vorbereitet, er wird im Winter montiert.

In Hockenheim zeigte sich dann, dass tatsächlich die Federn entscheidend sind. Die Kupplung funktionierte das ganze Rennwochenende wieder absolut tadellos, so dass ich die volle Leistung des Motors auf die Piste bringen konnte.

Street-Racer-Lamellen für die CBR 600. Allerdings ist die oberste Lamelle der 400 FOUR – hier rechts oben - schmaler als die Übrigen. Das sollte sich aber mit dem Dremel und einer ruhigen Hand machen lassen…

Im Fahrerlager tauschte ich mich dann noch mit einigen Honda-Kollegen zu diesem Thema aus. Und dabei erfuhr ich zwei wesentliche Dinge. Werner, ein FOUR-Club-Kollege erzählte mir, dass die Kupplungslamellen der 70er-Jahre Hondas von der 250er bis zur 750er alle dasselbe Maß haben. Meine Annahme aufgrund der größeren Gehäusedeckel an 500er und 750er Honda, dass deren Kupplungskörbe und Lamellen größer sind, traf also nicht zu. D. h. entscheidend für die Funktion sind Kraft, Länge und Anzahl der Federn und die Lamellenqualität und deren Anzahl. Und hier kommt die zweite Information ins Spiel. Kay, ein 500 FOUR fahrender Kollege erzählte mir, dass er Lamellen aus der CBF 600 verbaut hat, die ja immerhin mit 100 PS klarkommen müssen.

Links die Druckplatte der 400 FOUR, rechts die der neueren CBR 600. Identisches Bauprinzip, identisches Lager, andere Bohrungsabstandsmaße.
Druckplatte der CB 400 FOUR. Der Druckstift ist fest im Lager verbaut, bei der CBR ist er völlig anders gestaltet. Außerdem liegen die vier Bohrungen weiter auseinander.

Meine weiteren Recherchen zeigten dann, dass es von EBC auch Lamellen für den Renneinsatz gibt, die gut verfügbar und kostengünstiger als Barnett-Beläge sind. Sie bestehen aus einer Aramid-Papier-Kombination, für weniger als die Hälfte konnte ich solch einen Satz beschaffen (EBC SRC 066). Allerdings muss ich die achte Lamelle im Maß anpassen, bei der CB 400 FOUR ist diese schmaler. Es gibt jedoch für die späteren CBR 600, Hornet und Fireblade 900 auch Kupplungslamellen-Sätze mit acht oder neun Lamellen, die dann eine schmale Lamelle beinhalten (EBC SRC 019). In der nächsten Saison werde ich den Test machen, dann kommen auch die EBC-Federn zum Einsatz.

Außerdem bieten selbst Standard-Lamellen der CBR 600 eine weitere sinnvolle Option für meine Straßen-400er: Man kann sie im Gegensatz zu den Standard-Belägen der 400 FOUR mit Synthetik-Öl fahren. Wenn man auf Tour ist und Ölbedarf hat, findet man nämlich kaum noch mineralisches Öl für’s Motorrad, Tankstellen und Baumärkte führen das in der Regel nicht mehr.

Links der innere Korb der CB 400 FOUR, rechts der einer späten CBR 600. Die unterschiedliche Höhe zeigt, dass hier statt sechs immerhin acht Lamellen passen. Es wird bei beiden als erstes die schmalere Lamelle montiert, um Platz für den großen Sicherungsring der eingesetzten Stahllamelle zu lassen.

Außerdem werde ich mich im Winter um einen weiteren Knackpunkt der 400er-Kupplung kümmern: Die Ruckdämpfer im Kupplungskorb. Inzwischen sind keine Kupplungskörbe mit brauchbaren Ruckdämpfern mehr zu bekommen, nach 50 Jahren sind sie in der Regel hinüber. Und im Gegensatz zur 500 FOUR und 750 FOUR gibt es auch keine Überholsätze, Honda selbst hat auch nie welche angeboten. Das bedeutet, dass ich mir wohl auf die eine oder andere Art aus Viton selbst welche anfertigen muss. Da man für den Wechsel die Nieten mit den extrem flachen Köpfen ausbohren muss, gilt es außerdem die Frage zu lösen, wie man anschließend wieder eine absolut belastbare und sichere Verbindung zwischen Zahnrad und Kupplungskorb herstellt. Irgendwie traue ich den Lösungen mit entsprechenden Schrauben nicht wirklich.

Links der 400-FOUR-Kupplingskorb, deutlich erkennbar die sechs Nieten. Rechts der CBR-600-Kupplungskorb, erkennbar drei Nieten mit größerem Durchmesser. Und als Ruckdämpfer Federn. Aber auch diese können ermüden…

Ganz unabhängig von diesen Fragen werde ich weiter Ausschau nach einer Nova-Trockenkupplung halten, die würde sich prima an meinem Renner machen. Und auch über den Bau einer solchen kann man ja gelegentlich nochmal nachdenken…