Werkstatt

Sanierungsfall Werkstatt

Als wir uns im Sommer 1999 auf die Suche nach einem Haus machten, war eins der Kriterien eine geräumige Doppelgarage, eine Scheune oder ein Schuppen. Letzteres wurde es dann – oder vielmehr ein zugiger ehemaliger Hühnerstall.

Armin

Eigentlich wollte ich nie schrauben. Als Kind spielte ich gerne mit Lego, Fischer-Technik war mir schon deutlich zu technisch. Wir wohnten damals im Haus meiner Großeltern und ich fand es dann doch ganz praktisch, dass Vater und Großvater, beide ursprünglich Handwerker, im Keller eine kleine Werkstatt eingerichtet hatten. Dort ließen sich aus ein paar alten Dachlatten an der Hobelbank mit dem großväterlichen Schreiner-Werkzeug ganz prima Holzschwerter herstellen. Und später ließ sich mit einiger Anstrengung im Winter sogar die Honda da rein schaffen. Aber mangels üppiger Finanzen habe ich dann mit dem Erwerb eines Mopeds auch mit dem Schrauben begonnen.

Bald folgte der Umzug in eine Eigentumswohnung, auch dort fand sich dann schnell die väterliche Werkstatt im Keller. Allerdings war der nur über eine Treppe erreichbar, also wurde ab sofort in der Garageneinfahrt geschraubt.

Erschwerte Arbeitsbedingungen: Der Reifenwechsel am Motorrad der Freundin machte nach dem Umzug gutes Wetter zur Bedingung, da die Werkstatt wegen einer Treppe mit dem Motorrad nicht erreichbar war.

Mit dem Beginn des Studiums und dem damit verbundenen Umzug nach Köln entfiel diese Möglichkeit. Die Honda wurde zum Laternen-Parker und geschraubt wurde auf dem Gehweg vor der Haustür. Oder schon auch mal an einem ausgebauten Motor in der WG-Küche. So erlebte die 400FOUR ihren ersten Kopfdichtungswechsel.

Mit dem ersten Nachwuchs und der WG-Auflösung wurde dann eine größere Wohnung notwendig, und in dem alten Stadthaus fand sich auch ein halbwegs geräumiger Keller. Das Studium war noch nicht abgeschlossen, also wurde aus Sperrmüllmaterial eine doch recht improvisierte Werkbank gebaut. So waren immerhin einige Arbeiten wieder wetterunabhängig möglich. Tatsächlich fanden zwei Komplettrestaurierungen in diesem Keller statt.

Werkbank aus alten Paletten, Regale vom Sperrmüll. Direkt dahinter die Kohlenschütte, die Wohnung wurde noch mit Briketts geheizt. Um das restaurierte Motorrad über die schmale und steile Kellertreppe auf die Straße zu bringen, waren vier Mann nötig.

Anfang der 2000er kam dann der Umzug ins eigene Haus im Bergischen Land. Hinter dem Haus fand sich ein sehr Sanierungsbedürftiger ehemaliger Hühnerstall, teils massiv gemauert, teils Fachwerk, das nicht ausgemauert war, sondern nur mit alten Brettern vernagelt. Der Boden war aus gestampftem Lehm, und das aus geschälten unterdimensionierten Rundhölzern gebaute Dach war kurz vor dem Einsturz.

Die Ausgangssituation.

Natürlich hätte ich gern Nägel mit Köpfen gemacht, aber Zeit und Geld waren knapp, und die Sanierung des Wohngebäudes ging vor. Außerdem wurde der gemauerte Teil zur diebstahlsicheren Unterbringung von Baustellenwerkzeug und Gartengerät benötigt, es blieb also nur der Fachwerkteil. Also wurde eins der alten Fenster des Wohnhauses und die alte Haustür eingesetzt, ein Estrich gegossen, der durchhängende Deckenbalken mit einer Stütze versehen und erst mal provisorisch eingeräumt. Es dauerte drei Jahre, bis das Wohnhaus erst mal soweit wohnlich gemacht war, dass die Werkstatt wieder in den Fokus rückte. Allerdings war das Geld nun noch knapper, inzwischen waren zwei Kinder da. Da das Schuppendach nun definitiv keinen weiteren Schneewinter mehr überstehen würde, kam es sehr gelegen, dass der Nachbar an einem seiner Häuser ein komplettes neues Dach hatte machen lassen. Das alte Gebälk war noch soweit intakt, dass zumindest der Fachwerkteil nun einen neuen Dachstuhl bekam. Auch die gebrauchten Tondachpfannen über ließ mir der Nachbar. Der marode Dachstuhl des gemauerten Schuppenteils wurde kurzerhand wieder mit Rundhölzern einiger selbst gefällter Fichten saniert.

Das Dach ist schon mal saniert.

Natürlich gab es in der alten Verbretterung des Fachwerks reichlich Spalte, Ritzen und Löcher, so dass allerlei Getier raus und rein konnte. Das Fachwerk hatte auf der Wetterseite durch die mangelhafte Verkleidung inzwischen sehr gelitten ein paar Balken mussten definitiv ersetzt werden. Um die Werkstatt auch mal im Winter nutzen zu können, wurde provisorisch kurzerhand übrig gebliebenes Iso-Material zugeschnitten und damit die Gefache ausgefüllt. Anschließend aufgebrachter Putz ließ das ganze solider aussehen, als es war. Und als Krönung wurde ein Ofenrohr für einen kleinen Werkstattofen kurzerhand durch die Wand geführt. Der Kaminfeger hat dieses Provisorium zunächst mal verständnisvoll ‚übersehen‘.

Provisorisch saniert…
…sieht es erst mal ganz passabel aus.

Außerdem wurde die ebenfalls einsturzgefährdete Dachbodendecke abgerissen und mit Baustellen-Restmaterial eine neue eingezogen.

Der Boden ist gefliest, und eine zusätzlich eingebaute Stütze trägt den Balken, über dem die neue Dachbodendecke eingebaut wird.

Aber wie das mit Provisorien so ist: sie halten immer wieder mal doch sehr lang. Tatsächlich sollte es 15 Jahre dauern, bis ich dieses Provisorium endlich beseitigen konnte. Inzwischen hatte das Fachwerk auf der Wetterseite auch wegen ausbleibender Pflege wieder ziemlich gelitten. Und diesmal machte ich Nägel mit Köpfen: Diese Wand wurde vollständig erneuert und komplett ausgemauert. Beim Ausmauern kamen aus Kosten- und Umweltgründen recycelte Mauersteine von abgerissenen Wänden aus dem Haus zum Einsatz. Und wenn man mal ein wenig auf der hinlänglich bekannten Auktionsplattform stöbert, findet man nagelneue Isolierglasfenster für einstellige Euro-Beträge. Andere vermessen sich nämlich auch mal…

Die Wand steht wieder stabil, komplett aus übrigem und altem Baumaterial aufgebaut. Noch fehlt der Putz.

Außerdem war der Neuaufbau des wetterseitigen Fachwerks die Gelegenheit, den Querbalken der den Dachboden trägt, durch einen deutlich stärkeren Balken zu ersetzen. So konnte auch die zusätzliche Stütze entfallen und die Hebebühne besser aufgestellt werden.

Neuer Querbalken montiert, die Ecke wird gerade vorbereitet für einen zulassungsfähigen Ofen.

Zufällig wurde zu der Zeit am Haus meiner Mutter eine neue Haustür montiert. Da die alte noch völlig intakt war, habe ich sie sofort konfisziert. Und bei der Gelegenheit wurde die Türöffnung der Werkstatt gleich versetzt, damit man das Motorrad besser auf die Hebebühne schieben kann.

Für kurze Zeit stehen alte und neue Tür einträchtig nebeneinander.
Aus alt mach neu: Deutlich stabiler und ansprechender.
Ofen und Edelstahlkamin wurden im Vorfeld mit dem Kaminfeger abgestimmt, so dass die Abnahme reine Formsache war.
So finden auch Besucher den Schrauber.

Eigentlich sollte nun auch in der Werkstatt endlich ein ansprechender Zustand hergestellt werden. Einiges an dafür erforderlichem Material und Ausstattung hatte ich bereits zusammengetragen. Eigentlich. Berufliche und familiäre Entwicklungen bremsten dieses Vorhaben dann erst mal aus. Der jahrelange Zeitmangel und zahlreiche Arbeiten in der Werkstatt für die Hausbaustelle und das Gelände ließen sie leiden. Dazu kam dann einiges an Material, das ich nur wahllos abstellen konnte, als ich die Werkstatt meines Vaters räumen musste.

Dann kam der Ruhestand und ich griff das Thema wieder auf. Von Dezember bis Februar konnte ich nun ganz in Ruhe Regale und Arbeitsflächen bauen, ordnen, sortieren, instand setzen, ausmisten…

Ordnung in den Regalen und den Handbüchern…
…ein Arbeitsplatz und das Werkzeug griffbereit…
…Drehbank und Säulenbohrmaschine gut zugänglich…
…ebenso wie Schleif- und Fräsmaschine…
…und Schweißgerät…
…sowie Druckluftleitungen zu Hebebühne, Werkbank und Garagentor.

Zwar hat auch die Elektrik schon eine Überarbeitung bekommen, aber im Sommer wird sie vervollständigt. Und dann kommen auch die neuen Isolierglasfenster vollends rein.

Da macht Schrauben dann auch Spaß!

Inzwischen haben zwei Motorräder schon die sanierte Werkstatt besucht, Nr. drei kommt heute auf die Hebebühne. Unter solchen Rahmenbedingungen lässt sich nun entspannt und mit Spaß schrauben.