Werkstatt

Projekte (1)

„Und, was tut man so den ganzen Tag, wenn man in Ruhestand geht?“

Armin

Als ich kürzlich bei einem guten Essen mit ehemaligen Kollegen und unserem Ex-Chef gesessen habe, haben wir uns so über dies und das ausgetauscht. Der Mann ist noch immer sehr aktiv, möchte aber nun doch aus Altersgründen (über siebzig) etwas runterfahren. Ein Hobby hat er, aber keins, das jeden Tag der Woche füllt. Da kam dann die Frage an die anwesende Runde: „Und, was tut man so den ganzen Tag, wenn man in Ruhestand geht?“ Ironischerweise kam sie von demjenigen am Tisch, der schon am längsten aus dem Arbeitsleben ausgeschieden ist.

Wie wichtig eine halbwegs geregelte Tagesstruktur für unser Wohlbefinden ist, habe ich in über dreißig Jahren sozialpsychiatrischer Arbeit gelernt. Und wie oft Menschen nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsleben sehr schnell und sehr massiv abbauen, weil ihnen Tagesstruktur und für sie sinnstiftende Tätigkeit fehlen, auch. Zu oft wird der Job zum Mittelpunkt und nahezu einzigen Inhalt des Lebens. Wenn man dann ausstieg, geht der Lebensinhalt verloren, und das ist ungesund! Ich habe meinen Job gerne, mit Freude und Engagement gemacht. Jedem, der noch ein ganzes Berufsleben vor sich hat, kann ich aber nur empfehlen, sich stets diese alte Weisheit in Erinnerung zu rufen: „Wir leben nicht um zu arbeiten, wir arbeiten, um zu leben!“

Die Preise für reizvolle Motorrad-Oldtimer sind in den vergangenen zwanzig Jahren kontinuierlich angestiegen. Und entgegen meiner Annahme, dass die Corona-Pandemie diese Entwicklung umkehrt oder zumindest stoppt, scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Umso zufriedener macht es mich, dass ich für die Zeit nach dem Arbeitsleben vorgesorgt habe. In meinem Fundus liegt das Material für einige Projekte, die ich in den nächsten Monaten und Jahren in Angriff nehmen möchte.

Eines davon ist ein Honda-Dax-Modell. Ein Sechs-Volt-Modell, also aus den frühen siebziger Jahren. Mit sechzehn mein Traum, aber nicht bezahlbar. Praktisch, weil’s in den Kofferraum passt, ideal für kleine Einkaufsfahrten in der näheren Umgebung und für’s Fahrerlager. Wird aber einfach zu teuer gehandelt. Irgendwann ist mir dann eine Anzeige bei ebay-Kleinazeigen aufgefallen. Eine völlig runtergerittene Dax, eigentlich ein Fall für den Schrott, kein Versand, nur an Selbstabholer. Standort: Am Arsch der Welt. Das war meine Chance, da ich selbst ziemlich abseits wohne, war’s für mich eine nicht ganz so lange Anreise. Den Preis konnte ich wegen des üblen Zustands und mangels laufendem Motor noch mal etwas drücken.

Den Anspruch an die Restaurierung habe ich bewusst niedrig gehalten: Technik aufbereiten, damit sie zuverlässig funktionstüchtig ist. Optik möglichst original, aber ohne Perfektionsanspruch. Das heißt zum Beispiel keine teure Originallackierung, bei der dann jeder Kratzer schmerzt. Eine halbwegs ordentliche, möglichst stimmige und kostengünstige Spraydosenlackierung tut es auch.

Immer, wenn ich mal ein wenig Abwechslung vom laufenden Schrauber-Projekt brauche, weil ich inhaltlich nicht so richtig weiter komme, oder weil Material fehlt, oder weil mir einfach gerade danach ist, ist die Dax ein paar Stunden dran. Inzwischen stehen nur noch Motor, Elektrik und Rest-Montage an. Das sollte im Laufe des Jahres machbar sein …